Ostfriesische Küche: Mehr als Grünkohl und Pinkel
Ostfriesland: der malerische Landstrich im äußersten Nordwesten der Bundesrepublik grenzt an die Nordseeküste und gilt wegen seiner hohen Himmel und weiten Horizonte als besonders entspannend und seelenberuhigend.
So weit das Auge reicht blickt man auf grüne Weiden, leuchtende Rapsfelder, auf Moore, Geest und Marsch, durchzogen von Kanälen, Schleusen und Klappbrücken. Zwischen den Ostfriesischen Inseln und dem Festland lockt das Wattenmeer viele Besucher bei Ebbe zu den berühmten Wattwanderungen – und nach einem solchen Naturerlebnis stärkt man sich selbstverständlich mit ein paar Tassen ostfriesischem Tee!
Zur Begrüßung drei Tassen Tee
Die Teekultur Ostfrieslands ist in Deutschland einmalig: Ostfriesen verbrauchen zehnmal soviel Tee wie die restlichen Bundesbürger, nämlich 288 Liter pro Kopf und Jahr.
Typischerweise wird Ostfriesentee getrunken, eine Mischung aus Assam-Sorten, die einen dunklen, kräftigen Tee ergibt. Wie die Engländer genießen Ostfriesen ihre Teezeit, die ostfriesisch Teetied heißt. Man trinkt den Tee aus kleinen Moccatassen und süßt mit Kandiszucker („Kluntje“), dazu gibt’s den Rahm frischer Kuhmilch. Nach alter Sitte werden zur Begrüßung mindestens drei Tassen getrunken („Dree is Ostfreesenrecht“) und wer keinen Tee mehr wünscht, lässt den Teelöffel in der Tasse.
In Norden, der ältesten Stadt Ostfrieslands, führt ein Teemuseum in die Geschichte und Bedeutung des ostfriesischen „Nationalgetränks“ ein. Die ganze Verarbeitungskette vom Anbau der Teepflanze über Ernte und Verarbeitung bis zum fertigen Fernhandelsprodukt kann man hier besichtigen.
Pinkel, Nagelholz und süße Suppen
Passend zur Landschaft ist die Küche Ostfrieslands herzhaft und nahrhaft, eher kräftig und deftig als fein. In den letzten Jahren wird die Urtümlichkeit vieler ostfriesischer Speisen jedoch als Standortvorteil entdeckt: Gourmet-Restaurants entwickeln Varianten der traditionellen Spezialitäten und in Verbrauchermärkten wirbt man mit Sonderaktionen für altostfriesische Landesprodukte.
Das wohl bekannteste ostfriesische Hauptgericht ist der Grünkohl mit Pinkel (eine geräucherte Grützwurst), ersatzweise mit Kassler oder durchwachsenem Speck. Das Fleisch wird im Grünkohl mitgegart und mit mildem Senf abgeschmeckt. Seinen unverwechselbaren Geschmack bekommt dieses Gericht allerdings erst nach dem ersten Frost, den der Grünkohl noch vor der Ernte erlebt haben muss, um sein volles Aroma zu entfalten.
Sehr beliebt sind die bei Winteranbruch statt findenden Grünkohlfahrten, auf denen man „boßelt“ (ein Spiel ähnlich dem französischen Boule), viel Korn trinkt und dann in einem Landgasthof bei Grünkohl und Pinkel weiter feiert.
Gepökeltes, Gebratenes und süße Suppen
Geschlachtetes wird in Ostfriesland selten geräuchert, sondern eher gepökelt oder luftgetrocknet. Schinken, Speckseiten und Würste hingen in den Bauernküchen im “Wiem” von der Decke herunter, dicht beim offenen Feuer. Luftgetrocknete Schinken und Hartwürste („Pümmel“) sprechen für die Qualität der Metzger, hierzulande Schlachter genannt. Eine noch immer recht teuer Spezialität ist das „Nagelholz“, ein sehr hart gewordenes tief dunkles Dörrfleisch vom Rind, das hauchdünn geschnitten serviert wird.
Snirtjebraa ist ein weiteres beliebtes Fleischgericht der Ostfriesen. Frischer Nacken- oder Schulterbraten vom Schwein wird scharf angebraten und dann im Brattopf geschmort.
Suppen wurden in Ostfriesland erst mit der Ausbreitung moderner Kochherde Teil der Landesküche. Dem nördlichen Geschmack entsprechend sind es oft süße oder zumindest süßsaure Suppen, z. B. die würzige “Cremotateriesopp“, die “Plummsopp” mit Pflaumen und die “Sagosopp”, eine mit Sago angedickte Fruchtsuppe aus Holunderbeeren oder Rhabarber.
Mehr als eine Sättigungsbeilage ist der „Mählpüt“, ein Hefekloß, der in ein Tuch einknüpft, unter dem Deckel eines großen Topfes befestigt und dann im Wasserbad gegart wird. Er wird in Scheiben geschnitten serviert und entweder süß mit Birnen und ausgelassenem Speck oder herzhaft mit Zuckererbsen und Schinken verspeist.
Appetit auf Meer ?
Kutterfrische Krabben und fangfrischen Fisch gibt’s aufgrund der Lage an der Nordsee überall in Ostfriesland. Die köstlichen kleinen Krebse heißen „Granat“ und werden noch an Bord in Salzwasser gekocht und trugen der ganzen Küste den scherzhaften Beinamen “Costa Granata” ein.
Frischer Räucheraal ist landesweit beliebt und wird in den Restaurants schon mal zeitgemäß verfeinert – z.B. als Aalsalat mit Ratatouille – angeboten. Gebratene Makrelen, Hering in Sahnesauce, Salzheringe, Mattjes mit grünen Bohnen, gebratene Stinte und „Pannfisch“ (ursprünglich ein Reste-Essen) sind weitere Beispiele beliebter ostfriesischer Fischvariationen.
Wem wir jetzt Appetit gemacht haben, Ostfriesland auch mal kulinarisch zu erkunden, dem empfehlen wir als Ausgangspunkt für genießerische Ausflüge z.B. einen Wellnessurlaub an der Nordsee - in einem der Nordsee Wellnesshotels.